Malo E Lelei Tonga – Willkommen auf Tonga

“Eine Insel mit zwei Bergen und dem tiefen weiten Meer…” Nun, zwei Berge gibt’s auf Tonga nicht und eine Eisenbahn auch nicht. Aber sonst stimmt schon vieles aus dem Lied der Augsburger Puppenkiste.
Es ist eine Insel, genauer gesagt sind es sogar 170+ Inseln. Und sie liegt im tiefen weiten Meer, genauer im Südpazifik. Und sie hat einen König. Der gegenwärtige heißt zwar nicht Alfons der Viertelvorzwölfte sondern ʻAhoʻeitu ʻUnuakiʻotonga Tukuʻaho, genannt “Tupou der Sechste”.
Tonga – Wo heute noch gestern oder schon morgen ist
Mit einer kleinen ATR 72-600 kam ich nach zwei Flugstunden von Fidschi auf Tonga an. Und das war gut so, weil ich bei der Hotelbuchung nicht zu rechnen brauchte. Denn wäre ich weiter auf das nur 600 km entfernte Niue geflogen, hätte ich mit dem Datum ziemlich aufpassen müssen. Zwischen beiden Inseln verläuft nämlich die Internationale Datumsgrenze. Heute ist auf Tonga der 19.07.2020. Auf Niue ist es aber genau einen Tag früher, also der 18.07.2020. Aus der Sicht Tongas ist auf Niue also gestern, während aus der Sicht Niues auf Tonga schon morgen ist. Verwirrend? Man kann diese imaginäre Linie jedenfalls gut dazu nutzen, entweder zweimal im Jahr Geburtstag zu feiern – oder auch gar nicht. Oder zweimal Silvester zu feiern oder es ausfallen zu lassen… Und wenn man die Welt in 80 Tagen umrunden will, dann sollte man sich schon genau überlegen, in welche Richtung man startet 😉
Jedenfalls wirbt Tonga mit dem Slogan “Dort, wo der Tag beginnt”. Denn hier startet jeder Kalendertag und jedes neue Jahr zuerst.
Wenig Tourismus – mehr Natürlichkeit
Schon in der Maschine und bei der Ankunft fiel mir auf, dass ich der einzige Ausländer war. Das mag Zufall gewesen sein, aber generell überlässt man die großen Touristenströme eher den benachbarten Fidschi-Inseln, den Cook-Inseln und Französisch Polynesien. Aber vielleicht haben sich deswegen auf Tonga pazifische Gelassenheit und ein gewisses Traditionsbewusstsein erhalten. Viele Männer tragen auch auf Reisen noch ihre traditionelle Kleidung. Einen Rock, und darüber einen breiten Gürtel (oder kurzen Minirock), geflochten oder in Form einer Bastmatte. Ich bin auf dem kleinen internationalen Flughafen Fuaʻamotu auf der Hauptinsel Tongas, Tongatapu. Etwa 10 km südlich der Hauptstadt Nukuʻalofa.
Nach dem Weg von der Maschine über das Vorfeld waren in dem kleinen Ankunftsbereich auch die Einreiseformalitäten entspannt. Verbunden mit dem Wunsch für einen schönen Aufenthalt im Königreich Tonga. Allerdings musste ich meine Drohne erstmal beim Zoll abgeben. Die sollte ich am nächsten Tag im Rahmen einer Belehrung über die lokalen Flugvorschriften in Nukuʻalofa wieder abholen.
Sonntags ist Ruhetag auf Tonga
Gut, dass der nächste Tag kein Sonntag war. Denn der Sonntag ist gesetzlicher Ruhetag auf Tonga. Und Ruhetag heißt hier tatsächlich Ruhetag. Natürlich sind dann alle Behörden geschlossen. Aber auch alle Märkte und die allermeisten Geschäfte und Restaurants. Busse und Taxis fahren nicht. Die Inlandsflüge und Fähren zwischen den Inseln verkehren nicht.
Das sollte man vielleicht bei An- und Abreise bedenken.
Wo es sonntags allerdings laut und wuselig auf Tonga ist, das ist in und um die Kirchen. Und von denen gibt es jede Menge. Ich habe noch nirgends auf der Welt so viele Kirchen so dicht beieinander gesehen. Die meisten von der in England gegründeten und heute in den USA mitgliederstärksten Glaubensgemeinschaft der Methodisten. Die sich auch auf Tonga mit Schulen und Kirchen finanziell und missionarisch betätigt. So sind die Bewohner Tongas (wie heißen die eigentlich, Tonganer, Tongalesen, Tongaer? – laut Internet Tongaer/Tongaerin) sehr gläubig und fast alle Kirchenmitglied. Und die Gottesdienstbesucher, meist in traditioneller Sonntagstracht, folgen nicht nur den Worten. Hier wird vor allem auch gesungen. Und das in einer Lautstärke, die mit den Trompeten von Jericho sicher mithalten kann…
Tongatapu und Outer Islands
Vor dem Flughafen erwartete mich schon der Fahrer des Hotels. Es ging in den Norden der Insel zum Hotel in Kanokupolu. Vorbei an Farmland und durch kleine Ortschaften. Für die 40 Kilometer auf der gut ausgebauten Straße brauchten wir aber trotzdem knapp 90 Minuten. Das lag nicht nur an den vielen freilaufenden Hunden und der erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 40 bis 60 km/h. Sondern auch an der grundsätzlich gelassenen und entspannten Fahrweise aller Verkehrsteilnehmer.
Die Hauptinsel ist nicht das Urlaubsparadies von Tonga. Wer Südsee-Feeling sucht, sollte auf die beiden nördlicheren Inselgruppen reisen, die zum Königreich gehören, Ha’apai und Vava’u. Ganz im Norden gibt’s dann noch die Niuas, eine vierte Inselgruppe, die aus den Spitzen unterseeischer Vulkane besteht. Da ich aber nur fünf Tage Zeit hatte bin ich auf Tongatapu geblieben und hatte mir ein kleines einheimisch geführtes Hotel ausgesucht, das Vakaloa Beach Resort.
Zyklone – Tropische Wirbelstürme im Südpazifik
NEWSFLASH: Seit April 2020 gibt es das Vakaloa Beach Resort so nicht mehr. Der Zyklon ‘Harold’ hat es schwer verwüstet. Auch die Webseite ist nicht mehr erreichbar. Es war der heftigste Zyklon, seit der Zyklon ‘Gita’ im Februar 2018 die Insel getroffen hat. Und schon damals wurde das Resort beschädigt und im Mai 2018 immer noch wiederaufgebaut. Wie lange mag dieses Mal der Wiederaufbau dauern? Ich wünsche den Betroffenen viel Kraft, Mut und Erfolg!! Ob und wie die anderen Teile der Insel, die ich hier fotografiert habe, den Sturm überstanden haben weiß ich nicht.
Im Mai 2018 sah ich auf dem Weg zum Hotel jedenfalls immer noch die Schäden des tropischen Wirbelsturms ‘Gita’ drei Monate zuvor. Es war der schwerste seit Beginn der Aufzeichnungen. Palmenwälder und Plantagen waren beschädigt. Ebenso manche Holzhäuser. Bei vielen wurden die Wellblechdächer abgerissen. Manche sind so windschief, dass sie einsturzgefährdet und nicht mehr bewohnbar sind. Andere sind vollkommen in sich zusammengefallen. Die Menschen behelfen sich mit Zelten oder Containern. Auch beim Schulunterricht. Denn alle Materialien für Reparatur und Wiederaufbau müssen erst per Schiff von Neuseeland oder Australien importiert (und bezahlt) werden. Ebenso Lebensmittel und alltägliche Produkte. Nur Grundnahrungsmittel können zum Teil durch Ackerbau, Fischerei und Viehzucht selbst produziert werden. Tonga ist immer noch ein sehr ursprünglicher Pazifikstaat und wenig industrialisiert. Es ist daher schwer für das kleine Land, den Wiederaufbau aus eigener Kraft zu schaffen. Und so sind Hilfen aus Australien und Neuseeland hoch willkommen.
Nukuʻalofa
Am nächsten Tag brachte mich der Fahrer zum Zollamt. Denn dort sollte ich meine Drohne abholen. Da noch Mittagspause war, hatte ich Zeit mich in der Stadt und auf den Märkten umzuschauen. Und kurz einen Blick auf das Wahrzeichen von Tonga, den Königspalast direkt am Meer, und die königlichen Gräber zu werfen. Der stammt aus dem Jahre 1867 und ist ganz aus Holz. In Neuseeland wurden die Teile gefertigt und dann auf Tonga zusammengebaut. Daneben gibt es noch das eine oder andere hübsche Gebäude aus der Zeit von ca. 1870. Hochhäuser sucht man in Nuku ʻalofa aber vergeblich.
Als ich zurückkam sagte man mir beim Zoll, dass mir noch ein Beamter der Civil Aviation Authority ein Briefing zu Drohnenflügen geben würde. Und man wollte viel über Deutschland wissen. Ich erfuhr dafür ganz nebenbei, dass einer der früheren Könige in Deutschland studiert hat. Und dass es einen „Immerwährenden Freundschaftsvertrag“ zwischen dem Deutschen Reich und dem Königreich Tonga gibt, der 1876 abgeschlossen und 1977 erneuert wurde. Bereits James Cook hatte die flachen Koralleninseln “Friendly Islands” getauft, in Deutschland wurden daraus dann die “Freundschaftsinseln”.
Der Mitarbeiter der zivilen Luftfahrtbehörde war ein netter junger Mann, dem das Erläutern der Vorschriften sichtlich unangenehm war. Nach dem Ausfüllen der Formulare wurde ich freundlich entlassen. Bis zum Geschäftsschluss der Banken um 15:30 Uhr blieb grade noch Zeit zum Geldtausch.
Neue Bekanntschaft auf Tonga
Auf der Rückfahrt fragte mich der Fahrer, ob es mir etwas ausmachen würde, wenn er einen kleinen Umweg fährt. Er sollte für das Hotel noch Fleisch abholen. Natürlich machte es mir nichts aus! Denn dadurch bekam ich noch mehr von Tonga zu sehen.
Beim Einladen der Ware ins Auto sprach mich dann plötzlich eine Tongaerin mit “Guten Abend” an. Hallo? Deutsch auf Tonga?!? Im Hotel klärte sich das dann auf. Sie ist mit einem Deutschen verheiratet. Aus Wiesbaden, nur 30 km von Frankfurt. Hans-Jürgen Briest, der nun schon seit 30 Jahren auf Tonga wohnt und Bücher schreibt. Mit ihm habe ich mich viel unterhalten, über Tonga, die Menschen und Kultur, das Land und das Leben. Und das Vakaloa Beach Resort gehört seinem Schwiegersohn und seiner Tochter.
Was für ein Zufall, dass ich mir gut drei Wochen vorher in Brisbane zufällig dieses Hotel auf Tonga ausgesucht hatte… Und diese Bekanntschaft ermöglichte auch die Teilnahme an einer tongaischen Hochzeit, die an einem Abend im Vakaloa Beach Resort gefeiert wurde.
Die nächsten drei Tage vergingen mit faulenzen, herrenlosen Hunden spielen, Drohne fliegen, am Strand entlang laufen, reden und essen. Viel essen. Die Tongaer lieben es, zu essen. Traditionell und kalorienreich. Manchmal 14 Gänge. Und als Folge davon sind viele Menschen auf Tonga nach unseren Maßstäben – nun ja – zu dick. Aber dicke Menschen gelten auf Tonga auch heute noch als schön, wohlhabend und gesund. Zwar gibt es seit 1990 staatliche Sport- und Ernährungsprogramme zur Gewichtsreduktion. Und König Tupou IV. nahm in den 90er Jahren als Vorbild selbst 70 kg ab. Von vorher 210 kg auf 140 kg. Trotzdem ist ein BMI von 30+ auch heute noch auf Tonga keine Seltenheit.
Einmal um die Insel
Gegen Ende meines Aufenthalts auf Tonga wollte ich mir noch die Insel ansehen. Und dazu einen Leihwagen mieten. Denn die 150 km einer Inselumrundung mit verschiedenen Stopps ist mit öffentlichen Verkehrsmitteln an einem Tag nicht zu schaffen. Davon wurde mir im Hotel jedoch abgeraten. Denn zum Selbstfahren muss man erst für 40 Tonga-Dollar einen tongaische Führerschein kaufen. Der internationale Führerschein reicht hier nicht. Deshalb bot man mir an, mich an die Hand zu nehmen und zu fahren. Neben der Fahrerin kamen gleich noch zwei andere Hotelangestellte mit, was die Tour sehr kurzweilig machte.
Tsunami Rock
Unser erster Stopp war der Tsunami Rock. Oder Maka Sio’ata. Niemand weiß genau, wie der 9 Meter hohe Felsbrocken an Land gekommen ist, mitten auf eine Wiese. 400 m vom Wasser entfernt. Es wird angenommen, dass es unter Wasser einen Vulkanausbruch gab und er in dessen Folge durch einen Tsunami an Land geschleudert wurde. Dagegen sagt eine Legende, dass der Gott Maui den Felsen an Land geschleudert hat, um ein riesiges, menschenfressendes Huhn zu töten. Wie dem auch sei, der 1.600 Tonnen schwere Felsen sieht sehr imposant aus.
Blow Holes
Weit weniger geheimnisvoll sind die Mapu’a ʻA Vaea Blow Holes. Die Wellen drücken das Wasser von unten in natürliche Kanäle der Korallenfelsen an der Küste. Dort hochgedrückt steigt es dann sprudelnd bis zu 18 m in die Luft. Das sieht aus wie bei Geysiren und war für mich das beeindruckendste Naturschauspiel auf Tongatapu. Da kann man stundenlang zuschauen.
Land Bridge
Der nächste Spot war die Hufangalupe Land Bridge. Hier hat sich das Meer unter das Korallengestein gegraben und das Wasser sammelt sich in einem oben offenen Krater ein Stück landeinwärts.
Doch Vorsicht, wenn man über die Land Bridge läuft. Es wurde mir erzählt, dass dort schon Touristen zu Tode gestürzt sind, weil sich unter dem Gras und Buschwerk kleine Löcher im Boden befinden. Überdies ist das Gestein am Rande des Kraters ziemlich locker.
Hina Cave
Die Hina Cave liegt am Strand eines Beach Resorts. Doch durch meine Begleitung war es kein Problem hineinzukommen. Es gibt mehrere solcher Höhlen im Korallenkalkgestein der Insel. Aber die Hina Cave hat die schönste Legende: Einst lebten Hina und Sinilau glücklich am Strand. Eines Tages fuhr Sinilau zum Fischen aufs Meer. Und kam nicht mehr zurück. Hina wartete Tage und Nächte. Dann legte sie sich sich in diese Höhle und starb an gebrochenem Herzen…
Burden of Maui
Ganz im Nordosten erreichten wir das Haʻamonga ʻa Maui. Es sieht aus wie ein Torbogen aus drei versteinerten Korallenblöcken. Die beiden Seitenteile sind ca. 5m hoch und 4m breit. Der daraufliegende Block ist 6m lang und 1,5m breit. Und jedes Teil wiegt 40 Tonnen. Erbaut worden soll er um 1200 sein. Aber warum, darüber ist man sich nicht einig. Die einen meinen, es sei der Zugang zum alten Königspalast. Denn an dem Ort stand früher eine Hauptstadt Tongas. Andere meinen, es sei das Tor zu einer anderen Dimension. Ich bin mehrfach durchgegangen, hab’ davon aber nichts gemerkt 😉 Und schließlich gibt es die Ansicht, dass diese Steinblöcke irgendetwas mit Astronomie und der Bestimmung von Jahreszeiten zu tun haben. Denn immerhin scheint die Sonne wohl am 21. Juni (Winteranfang auf Tonga) bei Sonnenauf- und untergang direkt auf/durch den Torbogen. Insofern ließe sich vielleicht über eine Partnerschaft mit Stonehendge nachdenken…
Captain Cook’s Landing Place
Nach einem netten Break mit verspätetem Lunch in Nukuʻalofa fahren wir abschließend noch bei Captain Cook’s Landing Place vorbei. Er liegt im Norden der Insel in einer geschützten Lagune. Cook wusste schon, wo er 1777 seine Schiffe sicher parken konnte. Die Lagune ist ja ganz malerisch, aber das Areal nicht so richtig spektakulär.
Vor allem nicht, weil man für den Aussichtspunkt eine große Plattform aus Beton auf den Boden gekippt und mit einem Gitter versehen hat. Eher ungeeignet für Fotos, schade.
Den letzten Tag verbringe ich noch mal im Hotel, strecke die Beine im Sand aus, schaue aufs Meer und lasse die Drohne über das Wasser kreisen. Ein paar Aufnahmen davon findet ihr unten im Video (1m 30s).
Abends verabschiede ich mich dann von Hans-Jürgen Briest und am nächsten Tag geht es weiter nach Neuseeland. Auckland wartet.
Es gäbe noch so viel mehr von Tonga zu erzählen, über die Kultur, den Lebensstil und die Fakaleiti. Doch weil dieser Bericht ohnehin schon so lang geworden ist, will ich an dieser Stelle schließen.
Aber ein bisschen möchte ich von dieser wunderbaren Insel mitnehmen: Gelassenheit, Herzlichkeit und Freude. Wie die Menschen es mir hier gezeigt haben.
Malo ʻo Nofo a Tonga – Danke und Tschüss Tonga!
Cheers, Rüdiger 😎
Super Reisebericht! Das bin ich von dir ja schon seit Jahren gewöhnt und ich freue mich dass du das jetzt wirklich so professionell und sogar mit viel Schmunzeln machst. Man merkt so richtig, wie du aufblühst und eigentlich deine wahre Bestimmung gefunden hast. Die Genauigkeit deiner Angaben und Beschreibung der Hintergründe passt so richtig zu der erfolgreichen Arbeit, die ich jahrelang so geschätzt habe. Super und danke!