Bonjour Nouvelle-Calédonie – Hallo Neukaledonien

Neukaledonien, Nouvelle-Calédonie (frz.) oder New Caledonia (engl.) liegt 1.500 km nordöstlich von Australien. Auch von James Cook entdeckt. Aber dann später von Frankreich in Besitz genommen. Und zunächst als Strafkolonie genutzt. So wie Australien von England.
Und hier darf man auch von Kanaken sprechen. Denn so bezeichnen sich die Ureinwohner der Inseln. Die machen heute etwa die Hälfte der Bevölkerung aus. Das Wort Kanak bedeutet übrigens – Mensch. Und falls das mit der Unabhängigkeit jetzt beim 4. Anlauf (oder beim 5. im Jahr 2022) klappt, gibt es auch schon einen Namensvorschlag für das neue Land: Kanaky – Menschenland.
Grande Terre
Grande Terre ist die größte Insel Neukaledoniens mit der Hauptstadt Nouméa im Süden. Und groß ist sie tatsächlich im Vergleich zu den anderen pazifischen Inseln. Rund 400 km lang und 50 bis 60 km breit. Also nichts, das man mal so eben an einem Tag mit dem Fahrrad umrunden kann. Jedenfalls nicht als Rentner 😉 Auf ihrer gesamten Länge wird sie von einer bis zu 1.600m hohen Bergkette durchzogen. Die fällt auf der Ostseite steil ins Meer ab und auf der Westseite hat man den Eindruck man befindet sich in einem Mittelgebirge statt im Pazifik.
Aber sobald man irgendwo an die Küste kommt, weiß man gleich wieder, wo man ist. Das Meer von blau über blaugrün bis türkis. Mit einem Korallenriff, das den UNESCO Weltkulturerbe Status besitzt. Und feinem Sandstrand, Pinien und Palmen.
Kein Massentourismus auf Neukaledonien
Im Winterhalbjahr (April-September) ohnehin schon mal nicht. Aber auch im Sommer kommen (noch) nicht so viele Touristen wie auf andere pazifische Inseln. Für Europäer ist Neukaledonien nun mal ziemlich weit weg. Und 25-30 Stunden Anreise mit dem Flugzeug ist nicht jedermanns Sache. So gibt es auch die Seite der neukaledonischen Fremdenverkehrsindustrie natürlich auf französisch und englisch, dazu auf italienisch, japanisch und chinesisch – aber nicht auf deutsch. Doch viele Australier und Neuseeländer, für die das Land fast vor der Haustür liegt, reisen lieber auf englischsprachige Inseln.
Daher findet man außerhalb Nouméas auch kaum größere Hotels. Hier hat man Berge, Regenwald und einzelne Strände oft für sich alleine. In Nouméa legen dagegen schon mal große Kreuzfahrtschiffe an. Und dann stürmen 2.000 bis 4.000 Touristen die Stadt für einen Tag. Jedenfalls das Zentrum.
Wie ich auf Neukaledonien gekommen bin? Nun, ich habe einfach nach einer Insel gesucht, die nicht noch weiter draußen im Pazifik liegt. Sondern näher an an meiner nachfolgenden Route: Über Australien und Taiwan nach Südkorea. Und von da aus nach Wladiwostok.
Nouméa
Gegen Abend kam ich auf dem Flughafen La Tontouta an, 50 km nordwestlich von Nouméa. Die Einreise war unproblematisch. Denn Neukaledonien gehört zur EU. Allerdings wird hier meist nicht in Euro bezahlt sondern in Pacific Franc (XPF). Aber der ist mit einem festen Umtauschkurs von ca. 120 XPF an den Euro gekoppelt.
Nouméa ist Verwaltungssitz, Wirtschaftsmetropole und einzige größere Stadt Neukaledoniens. Ob es das “Paris der Südsee” ist wie manche sagen, da bin ich mir unsicher. Ja, es gibt schicke französische Restaurants, Cafés, Boulangerien, Carrefour Supermärkte und den Marché de Nouméa. Und einzelne hübsche Gebäude aus der Kolonialzeit. Gegen Abend treffen sich (ältere) Männer in Parks zum Boulespiel und jüngere an den Uferpromenaden zum skateboarden oder Rennrad fahren.
Trotzdem: Während sich am Meer schicke Villen entlangziehen und Yachten in den Häfen ankern, gibt es – besonders nahe der Innenstadt – auch unansehnliche Geschäfts- und Bürogebäude und einige sanierungsbedürftige Stadtteile. Eine städtebauliche Schönheit ist Nouméa jedenfalls nicht.
Das, was bei meiner Ankunft am Himmel zu sehen war, war noch nicht die Abenddämmerung. Ziemlich dickes Grau mit einzelnen Regenschauern machte sich wie schon in Auckland am Himmel über Neukaledonien breit. Und das blieb auch die nächsten drei Tage so. Erst mal kein blauer Himmel und Sonnenschein wie auf den Internetseiten und Reiseprospekten 🙁
Also musste ein Leihwagen her. Ich wohnte ziemlich weit von der City entfernt, denn die großen Hotels dort sind teuer. Es gibt zwar Busse, aber so häufig fahren die auch nicht. Zum anderen wollte ich natürlich auch was von der Insel sehen – und das geht am besten mit einem Mietwagen. Und schließlich sollte die Drohne starten. Aber das war am Hotel und der Umgebung nun überhaupt nicht möglich, weil in der Nähe der Inlandsflughafen Magenta liegt.
Hügel und Strände in der Stadt
Ganz schnell musste ich mich dran gewöhnen, vor den Fußgängerüberwegen in Nouméa die auf 30km/h herabgesetzte Geschwindigkeit auch einzuhalten. Denn oft sind ziemlich hohe Poller in die Fahrbahn eingelassen und ist man zu schnell, hängt man plötzlich mit dem Kopf am Autodach.
In unmittelbarer Nähe des Stadtzentrums, dem Place de Cocotiers (eng. Coconut Palm Square), liegt der F.O.L Hill. Von diesem Hügel hat man eine perfekte 360 Grad Rundumsicht über die Stadt und die Küste. F.O.L steht übrigens für Fédération des Œuvres Laïques. “Föderation weltlicher Werke” sagt Google dazu, was auch immer das heißen mag. Jedenfalls steht auf diesem Hügel ein ziemlich verwahrlostes Gebäude. Das war wohl mal ein Theater, das vor Jahren bei einem Zyklon zerstört und bisher nicht wieder aufgebaut wurde.
Auch etwas außerhalb der City an der Küste gibt es hübsche Aussichtspunkte. Dort stehen mitunter alte Kanonen, vermutlich zur Landesverteidigung in früheren Jahrhunderten.
Und dann gibt es in der Stadt natürlich auch viele tolle Strände. Zum Picknicken, Sonnen und Wassersport aller Art. Mit Promenaden, Cafés, Eisdielen und Restaurants. Der größte ist der Plage de l’Anse Vata im Süden. Trotzdem habe ich mich hier mal ziemlich früh morgens getraut, die Drohne fliegen zu lassen. Ein paar Bilder davon könnt ihr auch unten im Video sehen.
Ein anderer ist der Plage de la Baie des Citrons im Westen. Auch mit traumhaftem Blick auf Stadt, Yachthafen, Küste und Meer – jedenfalls, wenn das Wetter gut ist und man die Drohne hoch genug fliegen lässt 😉
Le Grand Sud de la Grande Terre
Für den nächsten Tag hatte ich eine Rundfahrt durch den Grand Sud der Insel geplant. Na ja, so richtig groß fand ich den Süden eigentlich nicht. Eine 210 Kilometer Rundfahrt sollte es werden. Zunächst mit dem Besuch des Tjibaou Kulturzentrums am Rande Nouméas. Weiter in die verlassene Ortschaft Prony, erst Strafkolonie, später Holzfällercamp und schließlich ein Dorf für Minenarbeiter. Dann zu den Chutes de la Madeleine, einem Wasserfall in der Mitte des großen Südens und zum Aussichtspunkt von Cap N’Dua. Und gegen Abend wollte ich noch am Barrage du lac de Yaté vorbei fahren, einem Staudamm am Fluß Yaté.
So hatte ich das geplant. Und das erste Ziel, das Tjibaou Cultural Center war auch schnell erreicht. Die Bauweise soll an die traditionellen Wohnhütten der Kanaken erinnern. Hier dreht sich alles um Leben und Kultur der Ureinwohner. Mit Konferenzen, Theater, Konzerten, Kochkursen und anderen kulturellen Veranstaltungen. Nicht nur wegen der Jahreszeit sondern wahrscheinlich auch wegen des Wetters war ich an dem Morgen jedoch der einzige Gast.
Als ich die Ausstellung verließ, fing es richtig an zu regnen. Aber ich war ja im Auto und dachte mir, dass dies weiter Richtung Süden bestimmt aufhören würde. Das tat es aber nicht.
Schlimmer war noch, dass die Straße über mehrere Brücken führte, die von Flüssen überflutet wurden. Über die ersten vier Brücken habe ich mich noch getraut. Aber die fünfte mit geschätzten 30 cm Wassertiefe wollte ich dem kleinen Peugeot 108 nicht mehr zumuten. Zum ersten Mal auf meiner Reise musste ich umkehren, ohne mein (Tages-) Ziel erreicht zu haben. Hoffentlich kein schlechtes Vorzeichen für meinen späteren Roadtrip…
Farben wie in Australien
Die Erde erinnerte mich an Australien. Genau die gleiche rote Farbe. Kein Wunder, denn beides war mal Teil des Urkontinents Gondwana. Bis der vor 250 Millionen Jahren auseinanderbrach und Neukaledonien langsam von Australien weg nordostwärts trieb.
Daher gibt es wie in Australien auch hier große Nickelvorräte. Und Nickel ist ein teurer Rohstoff, der 90% aller Exporte aus Neukaledonien ausmacht. Gebraucht wird es in vielen Industrien, denn als Legierung verhindert es das Rosten von Metall. Denkt mal dran, wenn ihr Geschirr ins Spülbecken aus Edelstahl oder die Spülmaschine packt. Oder die Wäsche in die Waschmaschinentrommel stopft.
Ausflug in Neukaledoniens Norden
Am nächsten Tag war es wieder sonnig. Und mir stellte sich die Frage: Soll ich es noch mal mit dem Süden versuchen? Oder soll ich in den Nordwesten fahren, dann über die Bergkette in den Osten und von dort wieder zurück nach Nouméa? Da dies mein letzter Tag auf Neukaledonien war musste ich mich entscheiden. Und ich entschied mich für den Norden. Und dafür, ganz früh loszufahren. War doch diese Tour immerhin rund 350 km lang.
Die ersten 100 Kilometer ging es auf der Hauptstraße im Westen der Insel Richtung Norden. Hier ist es – oft mit Blick auf die See – flach. Und hier beginnt Farmland, das sich weit in den Norden erstreckt. Mit Landwirtschaft, Rinder- und Pferdezucht.
In La Foa bin ich dann nach Osten ins Gebirge abgebogen. Erst mal bis zu dem kleinen Ort Sarraméa. Mit einer Quelle und Hütten der Ureinwohnern auf dem Weg.
Von dort ging es richtig ins Gebirge. Auf einer engen kurvigen Straße mit einigen 180 Grad Kehren, die ebenso gut in den Pyrenäen liegen könnte. Aber dem wendigen Kleinwagen machte das nichts aus. Mir schon eher.
Vor allem als mir an einer Kreuzung, an der ich zur Orientierung und zum fotografieren ausgestiegen war, einige Männer mit Macheten begegneten. Sie betrachteten das Auto und mich und wandten sich dann Richtung Felder. Ich denke mal, das waren Farmer auf dem Weg zum Arbeit, die sich über den frühen Besuch aus der Stadt wunderten…
Von Canala nach Thio
Bald erreichte ich Canala an der Ostküste. Auch bis heute noch Unterkunft für Bergleute. Und bei Touristen kaum bis gar nicht auf dem Radar. Aber hier gibt es etwas Besonderes. Ein Stück der Straße zwischen Canala und dem nächsten Ort Thio über den Petchécara Pass ist zwischen 7 und 19 Uhr Einbahnstraße (Route à Horaires). Zu bestimmten Zeiten darf man aus Richtung Canala dort einfahren, zu anderen aus Richtung Thio. Die Zeiten sind auf Schildern am jeweiligen Einfahrtspunkt angegeben.
Bis zur nächsten Einfahrt um 14 Uhr hatte ich noch fast 2 Stunden Zeit. Die vertrieb ich mir damit, meine Drohne fliegen zu lassen. Ein, zwei Autos passierten mich, die Einheimischen kennen sich sicher gut mit den Örtlichkeiten aus. Aber mit meinem Mietwagen wollte ich nichts riskieren. Und so wartete ich geduldig und klemmte mich kurz nach 14 Uhr hinter einen großen Toyota.
Die Strecke war übrigens nicht asphaltiert, spitzen Steinen sollte man mit einem Stadtauto besser ausweichen. Aber die Minenarbeiter (wie sie mir erzählten) legten ein hohes Tempo vor. Das führte dazu, dass ich – um mitzuhalten – auch Gas gab. Und das wiederum bewirkte, dass ich zwei Mal mit dem Auto auf dem Boden aufsetzte und es auch einige Steinschläge abbekam.
Hier wäre ich jetzt lieber mit meinem Landcruiser unterwegs gewesen. Ich hielt an um mir eventuelle Schäden zu betrachten. Und die freundlichen Menschen im Minenfahrzeug auch. Dabei meinten sie allerdings, der Rest des Weges sei unproblematisch. Und sie müssten noch vor Ladenschluss den Supermarkt in Thio erreichen. Und machten sich mit hohem Tempo davon. Na ja, der Rest des Weges war tatsächlich nicht schlimm – solange ich langsam fuhr. Und so richtig schmal war er hier nun auch nicht mehr.
Und zurück nach Nouméa
Bald erreichte auch ich wieder die feste Straße nach Thio. Und bog zwischendurch noch mal Richtung Meer ab, um ein paar Fotos von Strand und Bergen zu machen. Die Berge liegen hier wirklich ziemlich dicht am Wasser.
Wenn man Zeit und Lust hat, kann man auch hier ein paar Tage in einer Lodge oder auf einem Campingplatz verbringen. Fast alleine.
Der Rest des Weges führte erst mal wieder in den Westen zur Hauptstraße. Wieder durchs Gebirge.
Aber diese Straße war richtig ausgebaut und gut befahrbar. Am späten Nachmittag erreichte ich im kleinen Ort Bouloupari wieder die Hauptstraße und war eine Stunde später zurück in der Stadt. Nicht ohne ein paar Fotostopps zwischendurch.
Abschied von Neukaledonien
Wieder was gelernt. Auch im Pazifik gibt’s Berge. Und gerne wäre ich noch länger auf Neukaledonien geblieben. Denn es gibt besonders im Norden noch viel zu entdecken. Und außerdem hatte ich mich auch schon an “le temps kanak” gewöhnt, einen Zeitbegriff, der das Leben ein bisschen einfacher macht. So ähnlich wie “Fidschi Time”…
Aber mein Landcruiser war jetzt bereits in Korea. Hoffentlich jedenfalls. Doch weil ich bisher keine Katastrophennachricht von der Spedition erhalten hatte ging ich mal davon aus, dass er seine bisherige Reise heil überstanden hatte. Und so wurde es auch für mich Zeit, aufzubrechen. Hier noch ein kurzer Videoclip von meiner Zeit auf Neukaledonien (1m 45s).
Mein Abflug war erst am späten Nachmittag. Aber weil sich eine weitere Tour jetzt nicht mehr lohnte, hatte ich den Tag über Zeit, auf dem Weg zum Flughafen noch mal die schönsten Stellen in Nouméa anzufahren. Und Fotos im Sonnenschein zu machen. Von Orten, die ich an den ersten Tagen nur im Regen gesehen hatte.
Au Revoir – et bonne chance Nouvelle-Calédonie!
Tschüss – und alles Gute Neukaledonien!
Cheers, Rüdiger 😎
Wieder ein toller Bericht, der auch Lust zur Reise dorthin macht, selbst wenn mitunter ein paar Unwegbarkeiten dabei sind.
Ja, die Kanaken sind ein kluges Urvolk. Hab noch nie verstanden warum bei uns das so negativ behaftet ist.
Nun, das eine sind die „Leute“ und das andere die Kanaken, eben Menschen!