Sayn uu Mongol – Hallo Mongolei

Gegen 17 Uhr bin ich in der Mongolei. Noch 350 km bis Ulaanbaatar, das sollte doch bis 8 oder 9 zu schaffen sein. Jedenfalls noch bei Tageslicht.
Murphys Law schlägt zu…
“Anything that can go wrong will go wrong.” – „Alles, was schiefgehen kann, wird auch schiefgehen.“
Denn bei diesem ersten Grenzübergang hatte ich eigentlich so alles falsch gemacht, was ich falsch machen konnte. Auch von einem Land ins andere mit dem Landcruiser zu reisen will erst mal gelernt sein.
Aber der Reihe nach. Mit knapp 600 km an diesem Tag von Ulan Ude (Russland) nach Ulaanbaatar (Mongolei) hatte ich mir eine viel zu lange Fahrstrecke vorgenommen. Selbst dann, wenn ich an der Grenze nur 3 Stunden gebraucht hatte. Erstes Learning für weitere Grenzen: Immer kurz vor der Grenze übernachten und dann kurz dahinter. Nicht mehr als 150 km Strecke am Tag des Grenzübertritts planen!
Dann hatte ich nicht daran gedacht, mir noch im Grenzbereich Bargeld zu beschaffen. Hinter der Grenze konnte man zwar auf der Straße auch Geld tauschen, aber ich wollte das erst in Ulaanbaatar in einer Bank tun.
Mein zweiter Fehler: Fahre nie ohne Bargeld in ein Land, du wirst es brauchen. Ich hatte nämlich nicht bedacht, dass in der Mongolei in einzelnen Orten für die Durchfahrt eine Straßenmaut erhoben wurde. Nicht viel, aber ich hatte Glück, dass ich in russischen Rubeln bezahlen konnte.
Direkt hinter der Grenze verkauften Händler auch mongolische SIM-Karten. Ebenfalls für Rubel. Doch wie ich später feststellte hatte man mir eine Fälschung angedreht. Das Learning: SIM-Karten immer vom Verkäufer einlegen lassen und direkt testen. Am besten im Geschäft einer Telefongesellschaft kaufen und nicht auf der Straße.
Und schließlich: Es war auch noch Sonntagabend. Banken und die meisten Geschäfte in den Ortschaften hatten geschlossen. Wenn immer möglich überquere Grenzen nicht an einem Wochenende!
The drive must go on!
Da stand ich also. Ohne funktionierendes Google Maps, ohne lokales Geld und ohne Hotelbuchung. Denn die wollte ich auch erst mit der neuen SIM-Karte in der Mongolei machen. Weil ich in Russland noch nicht wusste, ob der Grenzübertritt an diesem Tag auch klappt.
Wenigstens hatte ich mir aber schon mal im Grenzbereich, wo die russische SIM-Karte noch funktionierte, ein Hotel in Ulaanbaatar herausgesucht. Aber natürlich hatte ich nicht daran gedacht, mir auch eine Offline-Karte der Strecke herunterzuladen.
Trotzdem musste es ja weitergehen. Und so machte ich mich anhand meiner Landkarte und der Straßenschilder in Richtung Ulaanbaatar auf.
Auf der Fernstraße hielt ich bei zwei Raststätten an um nachzufragen, ob sie einen ATM haben und SIM-Karten verkaufen. Leider ohne Erfolg. Wegen der Ortsdurchfahrten, einer mäßigen Fernstraße und manchmal langsamen LKWs vor mir kam ich auch nicht so recht voran.
Außerdem gab es viele Tiere auf der Straße. Pferde, Rinder, Schafe, Ziegen und Hunde. Von denen hätte ich beinahe zwei Mal einen mit dem Landcruiser erwischt.
Unterdessen war es 21 Uhr und dunkel geworden. Meinen Vorsatz, nicht bei Dunkelheit zu fahren, konnte ich hier nicht einhalten.
So kurvte ich mal wieder auf den Parkplatz einer Raststätte und stellte mich neben einen mongolischen PKW. Daneben standen zwei Männer, die ich fragte, ob es hier einen ATM gibt.
Nachts durch die Mongolei
Der eine sprach etwas Englisch und meinte, eher wohl nicht. So kamen wir ins Gespräch. Und es stellte sich heraus, dass er der Leiter eines Gesundheitsamtes in einer östlichen Provinz der Mongolei war. Der andere war sein Fahrer. Beide waren auch auf dem Weg nach Ulaanbaatar zu einem Treffen im Gesundheitsministerium am nächsten Morgen.
Die Männer unterhielten sich auf Mongolisch. Ich verstand das ja nicht und wollte schon weiterfahren. Da bot mir der Leiter des Gesundheitsamts an, bei mir mitzufahren und sein Fahrer sollte hinterherfahren.
Sie wollten mich bis Ulaanbaatar ins Hotel begleiten. Erst fand ich das ja nicht so gut, einen fremden Mann nachts in einem fremden Land in meinem Auto mitzunehmen. Andererseits hatte er mir seine Businesskarte gegeben. Und mein Bauchgefühl sagte mir, dass ich ihm vertrauen kann.
Die Unterhaltung auf der Fahrt war wegen der Sprachkenntnisse eher stockend. Aber immerhin erfuhr ich so etwas über die Schwierigkeiten eines Gesundheitsamtes in der Mongolei.
Gegen Mitternacht erreichten wir schließlich die mongolische Hauptstadt. Am Ortseingang telefonierte mein Begleiter mehrfach mit der Hotelrezeption, um sich den Weg erklären zu lassen. Ein Kartendienst war auf seinem Smartphone wohl nicht installiert.
Um halb eins nachts war ich im Hotel. Und ich hoffte nur, dass noch ein Zimmer frei war. Denn gebucht hatte ich ja bisher nicht. Aber alles hat geklappt. Wir verabschiedeten uns, denn auch sie mussten ja zu ihrer Unterkunft. Ihr Meeting sollte um 8 Uhr beginnen.
Wieder mal hat die Hilfsbereitschaft völlig fremder Menschen in einem völlig fremden Land meinen Tag gerettet!
Ulaanbaatar – die Hauptstadt der Mongolei
Es ist Montagmorgen und alle Geschäfte haben wieder geöffnet. So kann ich endlich Geld tauschen und eine funktionierende SIM-Karte besorgen.
Aber auch jetzt ist ein wenig Geduld gefragt. Der ATM in der Mongolei spuckte mir nur maximal 120.000 Tugrik aus. Das sind ca. 35€ und zu wenig zum Tanken. Also wollte ich einen Teil meiner 900 australischen Dollar, die ich noch in bar hatte, tauschen.
Aber das war gar nicht so einfach. Nur eine einzige Bank in Ulaanbaatar tauschte etwas anderes als US-Dollar und Euro. Und bis ich die gefunden und das Geld endlich getauscht hatte war es schon Mittag.
Kauf und Aktivierung einer SIM-Karte war hier kein Problem. 5 GB für 15 Tage, 12.500 Tugrik, knapp 4€.
Übrigens, die mongolische Sprache. Das ist ein Kapitel für sich. So wird der Tugrik beispielsweise auch Tögrög genannt.
Irgendwie gab es dauernd unterschiedliche Schreibweisen. Mindestens in Deutsch, Englisch und Russisch. Dazu Kyrillisch in mongolischer Amtssprache und manchmal in traditioneller mongolischer Schrift. ᠤᠯᠠᠭᠠᠨᠪᠠᠭᠠᠲᠤᠷ soll beispielsweise Ulaanbaatar bedeuten. Aber sicher bin ich mir da nicht…
Und wenn Mongolen untereinander sprechen, dann klingt das ähnlich wie die traditionelle Schrift aussieht. Sehr leise, mit vielen Zischlauten…
Unterwegs mit Tatsral
Ich rief Tatsral an, die ich bei der Einreise an der Grenze kennengelernt hatte. Und wir verabredeten uns für den späteren Nachmittag.
Sie zeigte mir erst mal das Zentrum der Stadt, einen Mix aus modernen Hochhäusern, älteren Gebäuden und solchen aus der Sowjetzeit.
Allzu viele Highlights hält die Hauptstadt der Mongolei für Touristen nicht bereit. Auf dem riesigen zentralen Süchbaatar-Platz steht ein Reiterstandbild des gleichnamigen Generals.
Und das imposante Parlamentsgebäude. Vor dessen Eingang thront Dschingis Khan, rechts und links davon zu Pferde sein Sohn Ögedei Khan und sein Enkel Kublai Khan.
An einer anderen Ecke des Platzes liegt die mongolische Staatsoper. Hübsch pink gestrichen. Und gleich um die Ecke ein kleiner Park mit einer Marco Polo Statue.
Obwohl der wohl nie in Ulaanbaatar war. Überhaupt scheint es in der Mongolei jede Menge Statuen zu geben. Tatsral erklärte mir, dass das Land die letzten 100 Jahre entweder durch China oder die Sowjetunion besetzt war. Und hierdurch versucht wird, eine eigene Identität zu entwickeln.
Und noch etwas anderes Interessantes hat sie mir erzählt: In Ulaanbaatar wird es im Winter bis zu -30 Grad kalt. Aber trotzdem würden sie und ihre Freunde dann lange Spaziergänge in die umliegenden Berge machen. Ohne dicke Kleidung und ohne Mützen. Meine Frage, ob sie dann nicht frieren würden, verneinte sie. Denn die Mongolen hätten eine viel dickere Haut als die Europäer…
Etwas außerhalb der City
Am nächsten Tag zeigte sie mir noch die Dsaisan-Gedenkstätte. Die soll an sowjetische Soldaten erinnern, die im 2. Weltkrieg hier umkamen.
Aber nicht deswegen kam sie mit mir hierher. Vielmehr, weil das Denkmal auf einem Hügel liegt, von dem man eine tolle Sicht auf die Stadt hat. Dazu mussten wir aber erst mal die 300 Stufen hinauflaufen.
Später liefen wir zu Fuß durch größere und kleinere Straßen, durch die ich alleine nie gekommen wäre. Bis zum Gandan-Kloster, dem zentralen buddhistischen Heiligtum in der Mongolei.
Und haben uns auf dem Weg mit Eis, Cola und Snacks den Bauch vollgeschlagen.
Weil Tatsral wieder arbeiten musste, habe ich mir am Nachmittag dann noch das Nationalmuseum angeschaut. Ein faszinierende Zeitreise in die mongolische Geschichte.
Obwohl ich mich ansonsten für Museen nicht so begeistern kann.
Gerne wäre ich noch ein oder zwei Tage länger geblieben. Aber am folgenden Morgen musste ich wegen meiner begrenzten Laufzeit des russischen Visums weiter Richtung Westen.
Aus der Stadt heraus
Leider hatte ich morgens vergessen, in der Stadt die Dashcam anzustellen. Denn das Gewusel auf der Hauptverkehrsstraße, die aus der Stadt herausführt, war schon etwas Besonderes.
Nicht nur, dass Verkehrsspuren und Vorfahrtszeichen bestenfalls als freundliche Hinweise empfunden werden. An die man sich jedoch keinesfalls zu halten braucht. Aus drei Fahrspuren werden auch gerne mal vier gemacht.
Allerdings war ich mit dem Landcruiser aufgrund seiner Höhe und dem Bullbar vorne gut aufgestellt. Denn hier galt: der größere hat Vorfahrt. Tatsral hatte mich schon gewarnt. Die Mongolen sind direkt vom Pferd ins Auto gefallen.
Am beeindruckendsten war das an einer Kreuzung mit drei Straßen, über die auch noch ein Bahnübergang führte. Weil jeder versuchte, hier als erster drüber zu kommen, gab es ein großes Blechknäuel, über das schließlich auch ein Zug nicht hinwegkam und stoppen musste.
Aber irgendwann nach gefühlten 2 Stunden war ich auf dem Lande. Und hier wurde es schlagartig einsam. Denn etwa die Hälfte der 3 Millionen Einwohner der Mongolei lebt in Ulaanbaatar. Und die andere Hälfte verteilt sich auf das gesamte restliche Land, sodass statistisch nur 2 Einwohner auf einem Quadratkilometer leben.
Von Ost nach West durch die Mongolei
Von Ulaanbaatar gibt es drei Strecken nach Westen. Eine nördliche, die später an großen Seen und Flüssen vorbeiführt. Von der war mir schon in Ulan-Ude abgeraten worden. Reisende von dort berichteten, dass alles überschwemmt sei und sie umkehren mussten.
Dann eine mittlere. Jedoch war die in Google Maps nur als Nebenstraße verzeichnet. Und recht einsam. Viele Orte gab es auf der Route wohl nicht.
Und schließlich eine südliche Strecke. Nicht so einsam wie die mittlere. Erst am Rande der Sandwüste Gobi vorbei, denn der Hauptteil dieser Wüste liegt im Norden Chinas.
Und dann durch die Steinwüste Gobi. Diese Route habe ich gewählt. Ich wollte die Mongolei über Arwaicheer – Bajanchongor – Delger – Altai – Chowd – Ölgii und Tsagaanuur durchqueren. Bis Ulaanbaishint, dem mongolischen Checkpoint nach Russland.
Auf Straßen und Tracks
Hinter Bajanchongor bin ich zu weit nach Norden von der Hauptstraße abgekommen. Stattdessen ging es in einer abenteuerlichen Tour quer durchs Land. Über Bumbugur und Buutsagaan. Bis ich bei Altai die Hauptstraße dann wieder erreichte. Warum das alles so war, erzähle ich weiter unten.
Jedenfalls meinten meine KollegInnen, die den GPS-Tracker beobachteten, später: Wenn das noch ein paar Tage gedauert hätte, hätten wir die Deutsche Botschaft informiert. Keine Panik Leute, alle Wege führen nach Rom. In der Mongolei heißt das, nach Westen – oder nach Osten 😉
Auf der anderen Seite war dies eine Möglichkeit, die Mongolei noch auf Tracks zu erleben. Denn die verschwinden mit dem Straßenbau nach und nach. Zum Teil ist die südliche Route schon asphaltiert, und der Ausbau soll in ein paar Jahren beendet sein. Und von der Straße aus kann man sehen, dass die Natur sich die alten Tracks rechts und links sehr schnell zurückholt.
Unten gibt’s davon auch noch ein paar Bilder im Video.
Ulaanbaatar – Arwaicheer, 450 km
Der erste Teil der Strecke war gut ausgebaut und es gab modernste Raststätten. An einer hielt ich an, kaufte mir einen Kaffee und machte ein paar Fotos.
Das hätte ich besser nicht tun sollen. Oder mir zumindest dabei ein Hemd mit langen Ärmeln anziehen sollen. Denn ein paar Stunden später merkte ich, dass mein ganzer Arm von Mücken zerstochen war. Die ich vorher weder gesehen noch gehört hatte.
Am frühen Nachmittag machte ich noch einen kurzen Stopp an einem Ausläufer der Sandwüste Gobi. Allerdings schien dies eher ein Ausflugsziel für Touristen aus Ulaanbaatar zu sein. Mit Kamelreiten, Bewirtung und Übernachtung in Jurten.
Die ganzen kleinen Orte in der Mongolei waren in meiner Hotelapp nicht gelistet. So musste ich mir auch in Arwaicheer eine Unterkunft direkt vor Ort suchen. Das war aber kein Problem, kleine Motels gab es direkt an der Straße.
Arwaicheer – Bajanchongor, 200 km
Im weiteren Streckenverlauf wurde es ländlicher. Dabei wechselten sich Straße und Tracks ab.
Von Ferne sah ich etwas, das ich zunächst für eine Farm auf einem kleinen Hügel hielt.
Doch beim Näherkommen stellte sich heraus, dass es eine Art Denkmal war. Oder ein Friedhof. Scheinbar für erfolgreiche mongolische Pferde. Denn lesen konnte ich nichts. Und auch sonst war niemand in der Nähe, den ich hätte fragen können.
Bajanchongor – Buutsagaan, 180 km
Auf diesem Stück bin ich vom eigentlich geplanten Weg abgekommen. Denn ich wollte ja auf der Hauptstraße Richtung Delger und Altai.
Dazu muss ich erklären, dass die Hauptstraße nach Westen hier noch im Bau war. Das heißt, man musste daneben auf Tracks fahren.
Manchmal verliefen die rechts und manchmal links von der im Bau befindlichen Straße. Dabei musste die auch ab und zu überquert werden. Solange Autos vor mir waren, war das auch kein Problem. Aber irgendwann war ich allein unterwegs.
Und die ‘Hinweiszeichen’ wo langzufahren sei bestanden nicht immer aus Schildern. Sondern manchmal auch aus drei übereinander gelegten kleinen Steinen.
Manchmal hieß das: Hier langfahren. Manchmal scheinbar aber auch ‘Hier nicht langfahren’ Die Einheimischen kannten die Bedeutung sicher – ich hatte damit so meine Probleme. Jedenfalls bin ich genau an so einer Stelle Richtung Norden abgekommen statt weiter westlich zu fahren.
Get lost in der Mongolei
Dann befand ich mich mitten auf einer großen Ebene. Andere Autos waren nicht mehr zu sehen. So bin ich erst mal den Tracks weiter gefolgt. Irgendwo würde ich ja schon hinkommen.
Als sich aber rechts und links der Fahrspur kleinere Hügel aufbauten und schließlich auch noch direkt vor mir eine Hügelkette, war ich mir nicht mehr sicher, ob es dort noch weiterging.
Direkt vor der Hügelkette machte der Track jedoch eine 90 Grad Kurve und es ging weiter. Glück gehabt!
Und etwas später erreichte ich in den kleinen Ort Buutsaagan. Von dem ich aber da noch nicht wusste, wie er heißt.
Im Ort frage ich jemanden nach einer Unterkunft. Verstehen konnten wir uns beide nicht, so musste es mit Händen und Füßen gehen. Aber es klappte und man zeigte mir den Weg zu einem Hotel.
Hier war die Toilette (ein einfaches Loch in einem Bretterverschlag) ca. 50m vom Haus entfernt. Fließendes Wasser und eine Abwasserleitung gab es auch nicht. Stattdessen konnte man Wasser aus einem Kanister in einen Behälter über dem Waschbecken füllen.
Und unter dem Waschbecken floss das Abwasser in einen Eimer hinein. Trotzdem, ich habe wunderbar in diesem kleinen Ort mitten in der mongolischen Steppe geschlafen. Und konnte nachts sogar mein Handy laden. Denn man hatte mir auch ein Verlängerungskabel mit ins Zimmer gelegt, das bis zur Steckdose an der Zimmertür reichte.
Das Abendbrot musste jedoch ausfallen. Denn ich hatte keine Lust mehr, im Ort noch nach einem Restaurant zu fragen. Außerdem hatte ich aus Ulaanbaatar noch Snacks und Getränke im Wagen. Übrigens: Wer gerne abnehmen möchte, dem kann ich diesen Roadtrip nur empfehlen. Nach der Ankunft in Deutschland hatte ich rund 7 kg abgenommen…
Buutsagaan – Altai, 200 km
Am nächsten Morgen war auf dem Flur schon ziemlich was los. Nach mir sind wohl noch etliche Reisende angekommen, die sich nun zur Weiterreise fertig machten.
Eine Familie mit zwei halberwachsenen Töchtern aus Ulaanbaatar war dabei, die ihren Urlaub mit einer Autoreise rund um die Mongolei verbrachte. Gibt’s so was in Deutschland eigentlich auch? Einmal rund um Deutschland?
Jedenfalls sprachen die Töchter englisch, und boten mir gleich einen Tee an. Und ich muss sagen, ich habe selten einen so leckeren Tee getrunken wie an diesem Morgen in Buutsaagan.
Durchs Gelände immer dem Bus hinterher…
Ich nutzte die Gelegenheit und fragte die Mädels, wie ich denn nun am besten nach Altai käme. Die Antwort war so einfach wie verblüffend. Ich solle mich erst mal südwestlich und dann nach einem Bus Ausschau halten. Und dem dann einfach durch das Gelände folgen. Der würde zur Hauptstraße fahren. Und wo er da links abbiegt, sollte ich nach rechts fahren.
Dazu muss man wissen, dass der gesamte öffentliche Fernverkehr in der Mongolei durch Busse abgewickelt wird, die Ulaanbaatar mit dem Rest des Landes verbinden.
Gesagt, getan. Und tatsächlich überholte mich bald auch ein Bus, dem ich folgen konnte. Der fuhr allerdings mit einer Geschwindigkeit durch das Gelände, die ich dem Landcruiser nicht zumuten wollte. Vor allem wegen der Schlaglöcher und Steine. Der Busfahrer kannte offensichtlich jeden Stein hier persönlich 😉
Aber egal, ich konnte die Staubwolke des Busses noch kilometerweit sehen. Und der ungefähren Richtung folgen. Dabei war es eigentlich auch egal, auf welchem der Tracks man fuhr. Irgendwann führten sie wieder zusammen. Und so kam ich nach einigen Stunden auch wieder an die Hauptstraße.
…und wieder auf der Fernstraße
Hier war sie wieder perfekt ausgebaut. Und so neu, dass es teilweise noch gar keine Fahrbahnmarkierungen gab. Aber für den Verkehr war sie schon freigegeben.
Ich fuhr mit 80 oder 90 km/h, es war auch ziemlich windig. Plötzlich hörte ich einen Knall. Im Rückspiegel sah ich, dass sich der Campingtisch meines Sohnes vom Dachgepäckträger selbständig gemacht hatte und hinter mir auf die Fahrbahn knallte.
Wegen der Rüttelei im Gelände hatte sich der Spanngurt gelockert. Und der Wind hatte unter die Platte gegriffen. Zum Glück war kein anderes Auto hinter mir. Und bis auf eine Delle an der Seite hatte auch der Tisch nichts abbekommen. Trotzdem habe ich ihn erst mal mit 2 weiteren Sicherungsgurten befestigt…
An einer Raststätte und später in Altai traf ich auch wieder Reisende aus Westeuropa, die nach Ulaanbaatar wollten. Zwei Franzosen mit Motorrädern, zwei Fahrradtouristen aus England und einen Italiener mit einem Motorroller. Sie haben sich nach dem Weg ostwärts bei mir erkundigt. Und ich mich bei ihnen nach der weiteren Strecke westwärts.
Altai – Chowd, 450 km
Auch hier war der größte Teil der Strecke schon perfekt geteert. Ich habe den Eindruck, die Straße wird aus beiden Richtungen gebaut. Von der russischen Grenze nach Osten. Und von Ulaanbaatar nach Westen. Und irgendwo in der Mitte treffen sich die Bautrupps dann.
Nur kurz vor Chowd sollte man wieder für ein Stück auf einen Track neben der Straße wechseln. Was aber die Einheimischen nicht gestört hat, bis direkt vor die Baustelle auf der Straße weiterzufahren und erst im letzten Moment dann auf den Track neben der Straße zu wechseln.
Ausflug zum Char Us Nuur, 150 km
In Chowd wollte ich einen Tag Pause machen, um zum nahegelegenen Char Us Nuur zu fahren. Vielleicht habe ich nicht die richtige Stelle erwischt oder vielleicht war nicht die richtige Jahreszeit. Jedenfalls gab‘s von den im Internet beschriebenen Tieren nichts zu sehen. Keinen Steinbock, keinen Schneeleoparden und keine Störche. Außer ein paar Knochen auf den Tracks.
Übrigens merkte ich in Chowd, dass sich hier die Zeitzone schon wieder geändert hatte. Nur noch +5 Stunden gegenüber Deutschland. Vielleicht gab es diese Änderung aber auch schon seit Altai.
Zeit spielte hier keine große Rolle. Man steht auf, wenn es hell wird. Und wenn es dunkel wird, geht man schlafen. Und ob es nun auf der Uhr eine Stunde früher oder später ist, war ohne Bedeutung.
Chowd – Ölgii, 250 km
Wieder mal ein Wechselspiel zwischen bestens ausgebauter neuer Straße und dazwischen ein Stück quer durchs Gelände. Aber die Landschaft änderte sich jetzt. Bin ich bisher über die mongolische Hochebene gefahren, kam nun nordwestlich das Tavan-Bogd-Massiv in Sicht. Ein Teil des Altai Gebirges zwischen China, Russland und der Mongolei.
In Ölgii wollte ich eigentlich auch nur eine Nacht bleiben, zumal die Kleinstadt nun nichts Besonderes bietet. Aber am Abend löste sich eine Füllung aus einem Zahn. Und so blieb mir nichts anders übrig, als in Ölgii einen Zahnarzt zu suchen. Nach einem Fußweg über ungepflasterte Dorfstraßen habe ich den schließlich auch gefunden.
Im Vorraum musste man zunächst seine Schuhe gegen Hausschuhe tauschen. Aber der Behandlungsraum sah dann wie in einer ganz normalen Praxis aus. Nach 10 Minuten war der Zahn für 7 Euro wieder gefüllt.
Und weil ich nun schon ohnehin schon mal dabei war, bin ich auch gleich noch nebenan zum Friseur gegangen.
Schön in Ölgii war ein Lesecafé. Zwar konnte ich hier nichts lesen, aber es gab leckeren Cappuccino.
Abends habe ich mit einigen Mongolen und einem Engländer im Hotel das WM-Spiel der deutschen Mannschaft gegen Korea angeschaut. Und musste mir nach der 0:2 Pleite einige Frotzeleien des Engländers anhören. Während die Mongolen mich eher bemitleideten…
Ölgii – Ulaanbaishint Checkpoint, 90 km
Der letzte Tag in der Mongolei ist angebrochen. Den Checkpoint habe ich schnell erreicht. Und die Ausreise aus der Mongolei war die schnellste Grenzabfertigung auf meiner ganzen Reise.
Pass- und Autopapiere wurden kurz gecheckt und bei der Zollkontrolle gab es nur zwei Fragen:
“Do you have anything illegal in the car?” – “No.” “Are you sure?” – “Yes.” “Good travel.”
Ulaanbaishint Checkpoint/Mongolei – Taschanta Border Gate/Russland, ca. 25 km
Aber noch bin ich nicht in Russland. Denn beide Kontrollstellen sind hier weit voneinander entfernt.
Wahrscheinlich will keines der beiden Länder seine Grenzbeamten jeden Tag in diese Einöde bringen. Eine geschotterte Piste verläuft über 5 km bis zum russischen Grenzzaun. Dort wird aber nur von einem Beamten das Kennzeichen notiert wird. Dann geht es noch 20 km weiter bis zum eigentlichen russischen Kontrollpunkt, diesmal auf einer asphaltierten Straße.
Hier dauert es allerdings 6 Stunden, bis ich abgefertigt bin. Es gab vor allem deshalb eine so lange Wartezeit, weil alle Reisenden vor mir ihr gesamtes Gepäck ausladen mussten. Das dann durchleuchtet und akribisch kontrolliert wurde.
Ich brauche nur meinen Rucksack vorzuzeigen, der dann durchleuchtet wurde. Und ein freundlicher Beamter füllte für das Auto und die mitgeführten Gegenstände ein Formular auf Russisch aus. Das dauerte dann auch noch mal.
Und wieder in Russland
Um 18 Uhr bin ich dann wieder in Russland. Und die Mongolei liegt leider schon hinter mir. Sicher ein Highlight auf meinem Roadtrip! Schade, ich wäre gerne noch länger geblieben. Denn es gäbe dort noch so viel zu sehen. Aber ich bin gespannt, was mich auf der Fahrt noch erwartet.
Das folgende Video (4m 09s, Musik: Hyde – Piano Rock Instrumental) zeigt aus Dashcam- und Drohnenperspektive meine Fahrt durch die Mongolei. Wegen der Größe musste ich es leider auf YouTube hochladen. Eigentlich hätte ich es lieber direkt im Blog gehabt. Wie die Bilder. Am besten ist die Videoqualität auf dem Handy.
Und wer weiß, was noch kommt. Wenn man wieder frei reisen kann, wollen polnische Freunde von Frankreich in die Mongolei fahren. Auf den Spuren zweier Mönche, die noch vor(!) Marco Polo eine Reise zum Mongolenherrscher in die Stadt Karakorum gemacht haben. Die damalige Hauptstadt des mongolischen Reiches unter Dschingis Khan. Vielleicht fahr‘ ich dann ja nochmal mit…
Und wer jetzt noch mehr Mongolei gucken möchte: Hier mein Reisebericht aus 2019 (14m 9s).
Über meine weitere Fahrt durch den russischen Altai bis zur kasachischen Grenze berichte ich euch dann im nächsten Teil.
Cheers, Rüdiger 😎
Obwohl ich damals die Reise per Instagram direkt mitverfolgt habe und auch alle Videos gesehen, sind die jetzigen Erzählungen noch spannender.
Echt toll geschrieben!
Denke und hoffe, wenn alles fertig ist, es vielleicht mal ein gedrucktes Buch kommt! Das wäre es wirklich wert!
Lieben Dank! Aber ich denke, zu einem Buch fehlt da doch noch einiges. Vielleicht ein Bildband… 😉
Ein wirklich lesenswertes Buch hat Hans-Joachim Briest geschrieben, der von Deutschland nach Tonga kam. Den hatte ich dort kennengelernt.
Wenn es dich interessiert, dann schau mal hier
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Danke für den Tipp.
Hab das Buch bestellt.