Kasachstan – durch die Steppe

Kasachstan musste ich im Westen von Süd nach Nord durchqueren. Um nach Aktau zu kommen, der kasachischen Hafenstadt am Kaspischen Meer. Und dort die Fähre nehmen. Weil ich wegen meiner Drohne nicht durch Usbekistan und Turkmenistan ans Kaspische Meer fahren konnte.
Meine Route im Westen von Kasachstan
Es war eine lange Strecke, insgesamt ca. 3.200 km. Von der Grenze zu Kirgistan im Süden nach Aqtöbe, fast an der russischen Grenze. Und von dort aus wieder südwestlich nach Aktau.
Die kasachische Grenze hatte ich bereits mittags hinter mir gelassen, die Straße war gut und das Wetter auch.
So entschied ich mich, an diesem Tag noch bis Taras weiterzufahren, der ersten größeren Stadt in Kasachstan. Ein Stück begleiteten mich dabei noch die Ausläufer der kirgisischen Gebirge.
Aisha Bibi
Am nächsten Morgen machte ich mich wieder recht früh auf den Weg. Weil ich vor der Weiterfahrt noch das Mausoleum von Aisha Bibi ganz in der Nähe von Taras besichtigen wollte.
Zwei kleine mittelalterliche Gebäude aus dem 11. oder 12. Jahrhundert, in einer hübschen Gartenanlage. Und weil ich bereits so früh dort war, war ich auch der einzige Besucher.
Die Legende erzählt, dass Aisha Bibi ihren Geliebten besuchen wollte. Trotz eines Verbots ihrer Eltern. Auf dem Weg dorthin starb sie durch einen Schlangenbiss. Heute besuchen viele Paare das Mausoleum am Tag ihrer Hochzeit, denn das soll Glück bringen.
Schymkent
Jetzt führte die Strecke nur noch durch Steppe oder ausgetrocknete Sümpfe. Und das blieb auch bis Aqtöbe so. Insofern gibt’s hier leider nicht so schicke Bilder wie von Kirgistan. Denn die Landschaft war ziemlich eintönig.
Gegen Mittag erreichte ich Schymkent, die drittgrößte Stadt in Kasachstan. Mit ca. einer Million Einwohnern. Ich wollte dort bei einer Toyota Werkstatt vorbeifahren. Weil ich den Eindruck hatte, dass meine Klimaanlage defekt war.
Das hätte ich besser lassen sollen. Denn plötzlich fand ich mich in einem Verkehrschaos wieder. Im Video unten könnt ihr davon eine Szene anschauen. Und die Klimaanlage war auch nicht defekt. Sie kam nur nicht gegen die Hitze draußen an.
Wieder auf der Fernstraße fiel mir etwas Interessantes auf. Die hieß ab Schymkent nicht mehr nur M 32 in der kasachischen Nummerierung. Sondern zusätzlich auch noch E 38. Eine Europastraße in Zentralasien, von der Ukraine nach Kasachstan.
Türkistan
Weil es landschaftlich nichts zu entdecken gab versuchte ich es mal mit Kultur. Dazu übernachtete ich in Türkistan, um am nächsten Morgen vor der Weiterfahrt den Museumskomplex dort zu besichtigen.
Türkistan war Zentrum des Karawanenhandels in Kasachstan. Und außerdem gibt es noch ein Mausoleum, ein altes Badehaus und Überreste einer Stadtmauer.
Am bekannteste ist das Mausoleum von Hodscha Ahmad Yasawi, das auch zum UNESCO Weltkulturerbe gehört.
Yasawi war Poet und Prediger, der den Menschen an der Seidenstraße im 12. Jahrhundert den Islam nahebrachte.
Weil ich für die Besichtigung dieses ganzen Areals fast einen halben Tag brauchte, kam ich bis zum Abend nur noch 300 km weit bis zur nächsten größeren Stadt, Qysylorda.
Hinter Qysylorda ließ ich auf einem Parkplatz an der Fernstraße mal wieder meine Drohne steigen. Aber auch der Blick von oben zeigte nur Steppe.
Baikonur, Weltraumbahnhof in Kasachstan
Erfreut stellte ich fest, dass der nächste Ort an der Fernstraße Baikonur ist. Seit 1957 russischer Weltraumbahnhof. Den wollte ich mir doch unbedingt anschauen. Ich hatte mir den in etwa so wie das John F. Kennedy Space Center in Florida vorgestellt.
Schon von der Fernstraße aus konnte ich einige Antennenanlagen sehen, die vermutlich zum Kosmodrom gehören.
Doch leider erzählten mir andere Reisende schon an einer Raststätte, dass man das Kosmodrom Baikonur nicht besichtigen könnte. Und auch nicht in die kleine Stadt Baikonur 20 km westlich davon hineingelassen würde.
Das war eine wichtige Information, denn eigentlich wollte ich dort übernachten. Gut, dass ich nicht schon ein Hotel gebucht hatte.
An der Einfahrt des Weltraumbahnhofs informierte man mich, dass Permits in Astana nur zu Raketenstarts ausgegeben werden. Und dann ca. 8.000 US-Dollar kosten.
Die Stadt Baikonur ist von einer Mauer umgeben. Auch dort wird man an einer Kontrollstelle nur hineingelassen, wenn man entsprechende Papiere besitzt. Das ganze Areal hat wohl Russland bis mindestens 2050 von Kasachstan gepachtet.
Schade, damit musste ich dieses Highlight abhaken.
Immerhin habe ich dann noch vor der Stadt an einer Tankstelle getankt. An einer Tanksäule, die der Beschriftung nach aus Deutschland oder Österreich stammte. Natürlich galten nicht die aufgedruckten Euro und Cent. Abgerechnet wurde in kasachischen Tenge. Ein Liter Diesel kostete 160 Tenge, etwa 0,35 Euro.
Aral, Stadt ohne See
Nein, damit ist jetzt nicht eine deutsche Kraftstoffmarke gemeint. Sondern die kasachische Stadt, 230 km nördlich von Baikonur. Auf Russisch auch Aralsk.
Bis dorthin fuhr ich nachmittags weiter. Dabei kam mir eine Gruppe von Kamelen entgegen. Alle liefen brav neben der Straße. Nur der Chef dachte, dass die Straße ihm gehört und blökte verdrießlich, als ich an ihm vorbeifuhr.
Aral liegt in der Nähe des gleichnamigen (Salz-)Sees. Der Aralsee war mal der viertgrößte See der Erde. Und die Stadt Aral lag an seinem Ufer. Er ist jedoch in den letzten 60 Jahren fast ausgetrocknet.
Da Google Maps keinen Weg zum Seeufer anzeigte, bin ich auch nicht dorthin gefahren. Denn ohne Wissen um die Beschaffenheit des Bodens wollte ich da nicht quer durchs Gelände fahren. Denn das soll auch durch Salz, Schwermetalle und Pestizide hoch belastet sein.
So war die Stadt Aral für mich nur ein Ort zum Übernachten. Eine Buchung vorab war nicht möglich gewesen, also versuchte ich mein Glück in einem Motel an der Straße.
Man gab mir zu verstehen, dass die Einzelzimmer ausgebucht seien und führte mich in ein Wohnzimmer. Dachte ich. Ok, schlafe ich halt dort. Erst später merkte ich, dass dies gar kein Wohnzimmer war. Sondern eine Art Schlafsaal mit 8 Betten. Und die waren dann bis 22 Uhr auch alle belegt… Wer auch immer diese Reisenden alle waren…
Aqtöbe
Aufs Duschen in der Gemeinschaftsdusche hatte ich verzichtet und machte mich am nächsten Morgen recht früh auf den Weg. Denn da die weitere Strecke nun keine irgendwie interessanten Sehenswürdigkeiten mehr bot wollte ich die 620 km bis nach Aqtöbe an einem Tag schaffen.
Sehenswert an diesem Tag waren eigentlich auch nur entgegenkommende Autos mit voll beladenen Dachgepäckträgern. Die kamen vermutlich aus Russland.
Und ab und zu gab es einen kleinen Salzsee am Rande der Straße.
Am Nachmittag war ich in Aqtöbe. Aber bis ich die Unterkunft erreichte dauerte es noch eine Stunde. Google Maps kannte sich mal wieder nicht aus und meinte „Du hast dein Ziel erreicht.“ Von wegen. Ich stand vor einem halb verfallenen Wohnblock mit zerbrochenen Fensterscheiben.
Also erst mal parken und sich zu Fuß durchfragen. Ein netter Passant half mir dann. Die kleine Pension war zwar ganz in der Nähe, aber eben doch noch um ein paar Ecken. Vielleicht waren die Straßen hier umbenannt oder die Hausnummern geändert worden. Jedenfalls stand der Landcruiser irgendwann endlich im Hof, direkt vor dem Eingang der kleinen Pension.
Eine ungewöhnliche Bar

Prost! Nein, das heißt auf Russisch nicht ‘Na sdorówje’. Sondern bestenfalls ‘wáshe zdarówje’. Aber besser noch so etwas wie ‘sa znakómstwa’ – Darauf, dass wir uns kennengelernt haben!
Die Bar im Untergeschoss, in der es am nächsten Morgen das Frühstück gab, war interessant.
Entweder die Zeit der Sowjetunion war hier noch nicht vorbei. Oder man hatte den Raum bewusst auf ‚retro‘ gestylt.
Vielleicht wollte man aber auch nur älteren Mitbürgern eine Freude machen 😉
Jedenfalls lächelten von den Wänden Lenin, Stalin und Breschnew.
Es gab Zeitungsausschnitte von russischen Olympiaerfolgen und Bilderrahmen mit russischen Orden.
Und eine Ausstattung aus den 60er Jahren: Radio, Ziehharmonika, Rechenmaschine, Telefon, Fernseher. Eben alles, was damals von den Werktätigen der ruhmreichen Sowjetunion (vielleicht) benutzt wurde 😉
Im Nordwesten von Kasachstan
Schon in der Nähe von Aral gab es einen Ort mit dem hübschen Namen ‚Aralsul’fat‘. Und jetzt hier bei Aqtöbe Orte mit Namen wie ‚Chromtau‘, Nikel’tau‘ und ‚Progress‘. Hier dominierten Erz- und Ölindustrie.
Ich machte mich auf Richtung Südwesten. Die ganze Strecke bis nach Aktau (1.200 km) würde ich an einem Tag nicht schaffen. Und so setzte ich mir als Tagesziel die ersten 550 km. Bis zum Ort Qulsary.
Schon der erste Teil war eine regionale Straße. Deutlich schlechter als die bisherige Fernstraße. Aber immerhin kam ich hier noch ganz gut voran.
Doch hinter dem Ort Mukur landete ich dann auf einer Straße vierter oder fünfter Ordnung. Sie lag auf einem Damm durchs Gelände und war vielleicht mal eine Hauptstraße ans Kaspische Meer gewesen. Aber bestimmt war hier seit 1955 nichts mehr repariert worden.
Tiefe Schlaglöcher ließen nur noch eine Geschwindigkeit von 10 bis 25 km/h zu. Und ausweichen konnte ich denen auch nicht, da sie sich über die gesamte Breite der Straße verteilten.
Irgendwann bin ich dann auf einen der Tracks neben der ‚Straße‘ abgefahren. Hier ging es zwar auch nicht viel schneller voran, aber immerhin wurden Achsen und Reifenaufhängung geschont.
Dabei musste ich nur den Verlauf des Fahrbahndamms im Auge behalten, um nicht die Richtung zu verlieren. Das ging so ein paar Stunden, bis es dunkel wurde.
Der Sonnenuntergang kam unaufhaltsam näher. Ich bin dann noch einige Kilometer auf der ‚Straße‘ gefahren, aber schließlich war Schluss. Ohne den Landcruiser zu gefährden kam ich im Dunkeln nicht mehr weiter.
Eine Nacht in der kasachischen Steppe
Dies war das zweite Mal nach meinem ‚get lost‘ in der Mongolei, dass ich Zweifel hatte, ob ich den Weg nach Hause schaffen würde.
Aber Zweifel brachten mich jetzt nicht weiter. Ich hielt an einer Weggabelung an, stellte den Wagen so weit wie möglich neben die Fahrbahn und musste erst mal die Nacht abwarten.
Mein Zelt wollte ich nicht aufstellen, da hier Kamele herumliefen. Und ich wollte vermeiden, dass sich eines davon mein Zelt auch als Schlafplatz aussucht. Während ich drin lag. Also blieb wieder mal nur ein unbequemes Dösen auf dem Fahrersitz.
Ich befand mich irgendwo in der Steppe Kasachstans. Und wusste nicht, wie der Weg noch werden würde. Zudem hatte ich schon bis hierher viele verbrannte Flächen rechts und links der ‚Straße‘ gesehen. Bei einem Buschbrand wäre der einzige Fluchtweg diese ‚Straße‘ gewesen. Nicht sehr beruhigend.
Und weiter nach Aktau
Natürlich war ich bei Sonnenaufgang um 5 Uhr wach. Und bin gleich weitergefahren. Bei Tageslicht war das auf dem Track neben der Straße auch kein Problem. Nach kurzer Zeit erreichte ich Qulsary und damit wieder die Hauptstraße. Nun waren die letzten 675 km bis Aktau kein Problem mehr.
Nur fragte ein paar Stunden später meine ehemalige Kollegin, die meinen Roadtrip mit dem GPS-Tracker verfolgte, ob ich in ein U-Boot umgestiegen sei 😉 Natürlich nicht!
Aber ich kam auf dem Weg durch die Karagije-Senke, die niedrigste Stelle in Kasachstan, 132m unter dem Meeresspiegel.
Gegen Abend erreichte ich Aktau. Und stellte fest, dass Google Maps mir nur den kürzesten Weg angezeigt hatte. Hätte ich (je nach Strecke) einen Umweg zwischen 150 und 300 Kilometer gemacht, wäre ich nur auf bestens ausgebauten Straßen gefahren…
Aktau, Kasachstans Hafenstadt am Kaspischen Meer
Vorsorglich hatte ich schon mal für 4 Nächte eine Unterkunft gebucht. Denn hier musste ich versuchen, ein Fährticket für meinen Landcruiser und mich nach Aserbaidschan zu bekommen.
Dass dies nicht so einfach ist wusste ich schon aus dem Internet. Es gibt zwar Fähren, aber die fahren nicht nach Fahrplan. Sondern dann, wenn genügend Ladung vorhanden ist. Am folgenden Tag machte ich mich also auf die Suche nach der Reederei. Denn in Aktau gibt es keine Straßennamen. Die Adressen bestehen aus einer Nummer für den Bezirk, einer zweiten für den Block und einer dritten für die Wohnung.
Nach allerlei Suchen hatte ich das Ticketbüro schließlich gefunden. Und bekam auf meine Frage nach einer Fähre gleich eine Absage. Heute gäbe es keine Fähre mehr, ich sollte morgen wieder nachfragen.
Die Mitarbeiterin sprach kein Englisch, nur kasachisch und Russisch. So benutzten wir eine Übersetzungssoftware.
Na gut, am folgenden Tag war ich wieder da. Den Weg kannte ich nun ja. Und traf auch fast die gleichen Leute wie am Vortag. Dieses Mal hieß es ‘ja, es gibt eine Fähre heute Abend. Aber es gibt zu wenig Autos und Fracht hier in Aktau. Das lohnt sich nicht. Die Fähre fährt weiter nach Kuryk, einer anderen Hafenstadt in der Nähe, und lädt dort Eisenbahnwaggons’.
So hatte ich zumindest noch etwas Zeit, mich in der Stadt umzuschauen.
In Kasachstan warten oder über Russland fahren?
Aber ich stand vor einer Entscheidung. Mein Visum für Kasachstan war noch für 14 Tage gültig. Wenn bis dahin eine Fähre geht, kein Problem. Wenn aber nicht, müsste ich über Russland nach Aserbaidschan fahren.
Für die zweite Option bräuchte ich ein neues russisches Visum. Und das kann ich nur in Deutschland bekommen. Also habe ich am Abend mit meinem deutschen Visumsagenten gesprochen.
Der meinte, dass ich ihm sofort meinen Pass und den Visumsantrag schicken sollte. Er würde dann das Visum besorgen. Und in 14 Tagen sollten Pass und Visum auch wieder bei mir in Kasachstan sein.
Der Expressversand mit DHL am nächsten Vormittag kostete zwar 130 Euro, aber das war mir egal. Irgendwie brauchte ich ja eine Alternative zur Fähre. Gut, dass ich zwei Pässe hatte, da konnte ich einen ohne Bedenken wegschicken. Parallel dazu habe ich auch gleich noch das Hotel um 3 Tage verlängert.
Nur 10 Minuten nachdem mein Pass abgeholt worden war rief mich das Fährbüro an. Ich solle um 16 Uhr am Hafen sein. Heute Abend ginge ein Schiff.
Damit hatte ich zwar Passversand und Hotelverlängerung umsonst bezahlt. Und das Geld bekam ich auch nicht zurück. Aber das kann auf so einer Reise schon mal vorkommen. Wichtig war nur, dass ich rechtzeitig vor Ablauf meines Visums aus Kasachstan herauskam.
Im Hafen von Aktau
Nachmittags war ich am Hafen. Zuerst musste ich dort zur Border Control und 10.000 Tenge (knapp 70 Euro) für die Nutzung der Hafenanlagen zahlen. Und noch 5.000 Tenge an den Beamten für ??? Ich frage wofür, bekam aber keine rechte Antwort darauf.
Die nächste Station war der Zoll, der den Landcruiser checkte. Und nach einer Flasche Whiskey fragte. Ich machte deutlich, dass ich die nicht habe, weil ich täglich Auto fahren muss.
Abends konnte ich am Schalter der Reederei endlich mein Ticket kaufen, 29.000 Tenge, ca. 190 Euro. Das war jedoch nur der Preis für meine eigene Beförderung. Die Beförderung des Landcruisers sollte später in Aserbaidschan bezahlt werden.
Um Mitternacht dürfen wir dann endlich aufs Schiff. Doch hier gibt es vorher noch ein Problem. Ich muss noch einmal zurück zur Border Control, weil der Beamte, der die 5.000 Tenge kassierte, einen Stempel vergessen hatte.
Ich bekam den Stempel – und mein Geld zurück. Wie ich später erfahren habe, hatte sich ein junger US-Amerikaner, der auch zahlen musste, beim Vorgesetzten beschwert…
Auf der Fähre von Kasachstan nach Aserbaidschan
Nachdem LKWs, Autos und Motorräder im Unterdeck der Fähre geparkt waren mussten wir alle in einen Salon kommen und unsere Pässe abgeben. Das gefiel mir überhaupt nicht, scheint aber an Bord von Schiffen so üblich zu sein. Später, auf der Fähre über das Schwarze Meer, war es jedenfalls genauso. Ist das bei Kreuzfahrten eigentlich auch so?
Ich unterhalte mich mit dem jungen Mann aus den USA. Er hatte in China gearbeitet und ist von dort mit öffentlichen Verkehrsmitteln nach Kasachstan gekommen. Jetzt will er noch durch den Kaukasus und dann von Tiflis (Georgien) nach Hause fliegen.
Auch ein junges Pärchen aus Belgien mit alten Enfield Motorrädern aus Indien treffe ich. Die hatten ein Jahr in Nepal gearbeitet und wollten nun ebenfalls nach Hause. Allerdings hatten sie es recht eilig. Denn schon 3 Wochen später mussten sie von Belgien aus nach Südamerika fliegen. Um dort ihren nächsten Job anzutreten.
Um 4 Uhr morgens gehen wir schlafen. Es ist eine kurze Nacht, denn schon um 8 gibt es Frühstück. Immerhin sind wir jetzt aus Kasachstan ausgereist und die aserbaidschanische Fährgesellschaft ist für uns verantwortlich. Runter vom Schiff dürfen wir natürlich nicht mehr.
Aber wir fahren auch nicht los. Den ganzen Tag bleiben wir in Aktau im Hafen. Warum? Ich weiß es nicht. Vielleicht hatte es etwas mit dem Wetter zu tun.
Endlich geht’s los – aber nur bis zum nächsten Hafen
Die Merkuri-1 legt um 18 Uhr ab. Aber nach 4 Stunden ist die Fahrt auch schon wieder zu Ende. Und wir ankern vor dem Hafen von Kuryk, 80 km südlich von Aktau. Jetzt sind wir schon fast 24 Stunden an Bord und noch nicht richtig weit gekommen.
Denn auf dem Kaspischen Meer ist Sturm. Und wir können nicht weiterfahren. Vermutlich will die Reederei auch kein Risiko eingehen. Das Schiff wurde 1984 in Jugoslawien gebaut und hat nicht so richtig viel Tiefgang. 2002 war bereits das Schwesterschiff, die Merkuri-2, im Sturm gesunken. 43 Tote und nur 9 Gerettete war damals die Bilanz.
Als ich am nächsten Morgen aufstehe Regen und Sturm. Mein Sohn schreibt mir, dass dieses Wetter wohl noch 2 Tage dauern wird. Das sind ja tolle Aussichten. Ich frage ein Besatzungsmitglied, wann es wohl weitergeht. Die Antwort: „Vielleicht in 2 Minuten, in 2 Stunden oder in 2 Tagen“…
Zwar gibt es jeden Tag an Bord 3 Mahlzeiten. Allerdings sind die nicht gerade etwas für Feinschmecker. Am besten haben mir noch Tee und Gebäck gefallen, die jeden Nachmittag im Kabinengang standen. Und in der Kajüte war es warm und es gab eine warme Dusche.
Tschüss Kasachstan
Einen Tag später geht es morgens nach dem Frühstück endlich los. Jetzt aber richtig, mit 13 ½ Knoten, das sind ca. 25 km/h. Der Kapitän will wohl verlorene Zeit aufholen. Und schon am Abend ist die aserbaidschanische Küste in Sicht.
Das Wetter ist auch wieder schön, sodass ich am Abend noch hübsche Fotos vom Sonnenuntergang im Kaspischen Meer machen kann.
Trotzdem dauert es noch bis zum nächsten Morgen bis wir in Alat, einer Hafenstadt 80 Kilometer südlich von Baku, anlegen. Aus einer eigentlich 18stündigen Überfahrt sind schließlich knapp 3 ½ Tage an Bord der Fähre geworden.
Es gibt noch mal ein Frühstück, doch vorher müssen wir schon um 6 Uhr morgens unsere Kabinen räumen. Die sollen für die Rückfahrt nach Kasachstan geputzt werden.
Nach dem Frühstück erhalten wir unsere Pässe zurück. Und es findet auf der Fähre auch eine erste Kontrolle durch die aserbaidschanische Border Control statt.
Mein Visum hatte ich noch im Hotel in Kasachstan online beantragt und dann dort auch ausgedruckt. So gab es hier keine Probleme.
Wenig später dürfen wir mit unseren Autos das Schiff verlassen. Und zur Grenzkontrollstation in Nähe der Ausfahrt aus dem Zollbereich fahren. Doch auch hier hieß es erst mal, sich noch in Geduld zu üben.
Im Hafen von Alat
Zuerst werde ich über eine Fußgängerbrücke auf die andere Seite des Zollbereiches geschickt, also eigentlich auf die Ausreiseseite aus Aserbaidschan. Dort stehen die Container mit den Büros der verschiedenen Firmen und Behörden.
Im Container der Reederei muss ich 300 US-Dollar für den Autotransport bezahlen. Waren es steuerliche Gründe, dass dies nicht in Kasachstan kassiert wurde? Im Container der Hafenbehörde waren 7 US-Dollar für die Hafenbenutzung zu bezahlen. Bargeld hatte ich mir schon in Kasachstan besorgt. Aus dem Internet wusste ich, dass man hier bar zahlen musste.
Mit den Quittungen ging es wieder zurück zur Grenzkontrollstelle. Nur um gleich wieder zurückgeschickt zu werden. Diesmal, um 21 US-Dollar für die Straßenbenutzung in Aserbaidschan zu zahlen. So kann man seinen Vormittag auch verbringen. Und ich musste mich jedes Mal durchfragen, welcher Container der Richtige ist. Denn lesen konnte ich nichts.
In der Grenzkontrollstelle gab es dann noch kurz Verwirrung um meinen deutschen Pass und die australische Autozulassung. Doch das ließ sich glücklicherweise schnell klären.
Einreise nach Aserbaidschan
Endlich sind alle Formalitäten erledigt. Das einzige was noch fehlt ist die Haftpflichtversicherung für den Landcruiser. Aber die gibt es im Hafen nicht, ich soll sie mir in Baku besorgen.
Dann darf ich mit dem Landcruiser zum Schlagbaum fahren. Dort nur ein kurzer Blick auf die Papiere und auf die Rückbank des Autos. Alles wofür man sich interessierte war meine ruedi-retyres Aufkleber. Sonst nichts. Nicht mal für die Drohne oder das Gepäck.
Zwischen all den parkenden LKWs suche ich die Ausfahrt aus dem Hafengebiet. Dort bekomme ich noch ein paar weitere Stempel auf die verschiedenen Formulare.
Mittags bin ich in Aserbaidschan. Über meine Erlebnisse dort berichte ich dann im nächsten Post.
Cheers, Rüdiger 😎
Hinweise zu den Videos
Das Video mit dem ‘driver’s view’ ist etwas länger geworden (3m 14s, 601MB; Musik: Tucson – Silent Partner/YouTube Audiolibrary). Also am besten per WLAN ansehen. Die Szenen sind aufgenommen in/bei
- Taras
- Schymkent
- einem Drohnenflug auf einem Parkplatz bei Qysylorda
- Aqtöbe
- der abenteuerlichen Fahrt von Aqtöbe nach Aktau
- Aktau und im Hafen dort
- und im Hafen von Alat
Und wie immer hier auch der Link zu meinem YouTube Video von 2019
Übrigens: Ohne spätere lange Umwege habe ich hier schon etwas mehr als die Hälfte meiner Tour von Australien nach Deutschland geschafft. Und eigentlich war ich hier auch schon in Europa. Denn der Ural fließt nordöstlich von Aktau ins Kaspische Meer.
Daher vielleicht auch die Europastraße bis Schymkent. Aber historisch und kulturell wird Europa anders abgegrenzt als geologisch und geographisch. Und deshalb werde ich meine Fahrt durch den Kaukasus auch noch Asien zuordnen.
Immer wieder ein Genuss Deine Erlebnisse zu lesen !
Dankeschön!